MainArbeit Offenbach – „Zwickt’s mi…

…i glaab, i draam“ 😀

So lautet ein Titel von Wolfgang Ambros.
Für diejenigen, welche mit dem Wiener Dialekt so gar nichts anfangen können:
Übersetzt bedeutet das, es gibt Momente, die derart unglaublich erscheinen, dass man gezwickt werden möchte, um über diesen „Schmerz“ zu begreifen, dass man nicht nur träumt.
Das funktioniert in beide Richtungen, positiv als auch negativ.
Der heutige Artikel hat ausschließlich positiven Charakter!

14-Tage-Rückblick

Wie im vorherigen Artikel über „Bubi und Tracey“ angedeutet, hatte ich kurzfristig ein junge Frau bei mir aufgenommen, die – weitestgehend unverschuldet! – obdachlos wurde.
Die Hintergründe hierzu sind komplex und interessieren an dieser Stelle eher nicht.
Die Unterbringung in einer der berühmt-berüchtigten Notunterkünfte Offenbachs funktionierte „einigermaßen gut“, dem Thema Unterbringung werde ich dennoch einen zornigen Artikel widmen in der Hoffnung, dass der ein oder andere Leser mir vielleicht Input geben kann zu Fragen wie der Vereinbarkeit von Art. 2 GG und Inhalten der Menschenrechtskonvention vs. „Hausrecht von privaten Unterkunftsbetreibern“…
Mit diesem Thema bin ich noch lange nicht durch, einem „gewissen Treiben“ sollte endlich Einhalt geboten werden!

Neben der Begleitung dieser jungen Frau, aka „Tracey“, fand und findet die intensive Unterstützung einer „Neu-Alleinerziehenden“ statt, hier überlappen gleich mehrere Rechtsgebiete, das SGB 8 (Kinder-und Jugendhilfe), das SGB 2 und das Familienrecht. Und weil das noch nicht kompliziert genug ist, erweitert sich mein Arbeitsfeld hier auch noch um den Bereich des Dolmetschers 😉

Eine „Langzeit-Klientin“ kommt dazu, auch hier schien es notwendig, erneut zum Gespräch begleiten.
Der übliche „Kleinkram“ (Bescheide prüfen, Widersprüche andenken, online Auskunftserteilung, mit Fachanwälten Rücksprache halten ff ) läuft parallel dazu, im Hintergrund quasi, mit…

Summa sumarum:
Es waren anstrengende Tage für uns Alle.
Zumindest aber ist meine mentale Belastung hinsichtlich des Verdachtes auf Gehirntumor bei meinem Sohn beendet, denn das MRT war ergebnislos.
Wenngleich die Zungentumore und weitere gesundheitliche Einschränkungen noch immer der fachärztlichen Klärung bedürfen, so war es doch ungeheuer befreiend, dass sich zumindest der schlimmste Verdacht nicht bewahrheitet hat. Das gab und gibt mir die Kraft, mich auch weiterhin um Hilfestellung für andere fühlende Wesen bemühen zu können 😀

Lob, wem Lob gebührt!

Dem Jobcenter MainArbeit Offenbach spendiere ich in meinen Berichten eher selten ein Lob.
Das muss nicht verwundern, denn zum Einen finden sich „naturgemäß“ bei mir eher selten Mitmenschen ein, welche keine massiven Probleme mit den dortigen Mitarbeitern haben.
Zum Anderen ist die repressive Gesetzgebung schlechthin für Mißstände verantwortlich, und zum Dritten stinkt gerade in Offenbach der sprichwörtliche Fisch ja noch immer vom Kopf her.
Aus letztgenanntem Grund muss(te) nicht nur ich in all den Jahren immer wieder die Erfahrung machen, dass ohne Krampf und Kampf selbst glasklare gesetzliche Vorgaben, gefestigte Rechtsprechung des BSG usw. ignoriert wurden und noch immer werden.
Umso angenehmer ist es – auch aufgrund des Seltenheitswertes – daher, mich auch einmal wohlwollend äußern zu können. Einziger Wermutstropfen dabei:
Zu gerne würde ich die Mitarbeiter namentlich belobigen, welche mir positiv auffielen. Sie könnten dem Gros der – wahlweise – eher unprofessionellen, abgestumpften und unempathischen Kollegen als Vorbild dienen. Doch genau damit würde ich den „Guten“ leider einen Bärendienst erweisen, daher bleibt es bei den für mich üblichen Umschreibungen und Metaphern…ich vermute aber, „man(n)“ wird sich und die von mir gemeinten Kollegen (m/w) dennoch wiedererkennen 😉

In Sachen „Tracey“: Bitte weiter so…

…“meine“ Damen und Herren aus der Leistungsabteilung.
Im Falle von „Tracey“ zeigten sich Teamleitung und Mitarbeiter rechtskonform, flexibel und bürgernah. Realitätsbewusstsein war vorhanden und die pragmatische Abwicklung nicht zu beanstanden.
Somit konnte ich feststellen, dass zumindest hier das Peter-Prinzip noch nicht umgesetzt ist, dass auch ein Löwe nicht immer ein furchterregender Gegner ist und  „Tracey“ somit nicht den (sprichwörtlichen) …Bach hinunterging 😀 .
Ein „Facebook-likes“ Daumen hoch auch für die (entsprechenden) Mitarbeiterin(nen) der ZAS. Die dortige Abwicklung von „Traceys Fall“ (Erstvorsprache) zeigte zum wiederholten Male, dass der Begriff „blondes Gift“ nicht zwingend stimmen muss. Freundlichkeit statt „Giftigkeit“  waren hier angezeigt.
Mit dieser Feststellung werte ich „die Brünetten“ übrigens keineswegs ab, aber diese wurden ja bereits früher in einem anderen Artikel positiv erwähnt… 😉

Empathie Fehlanzeige? Diesmal nicht

Dass der recht komplizierte „Fall“ der zuvor erwähnten, alleinerziehenden Mutter nicht zu einem familienrechtlichen Desaster ausartete, ist auch den Mitarbeitern einer anderen Leistungsabteilung zu verdanken.
Das im gesetzlichen Rahmen vorgesehene Ermessen wurde hier zugunsten der Betroffenen ausgelegt, Teamleiter und Mitarbeiter zogen da „an einem Strang“. Auch unwürdiges Procedere (hiermit ist auch die „grundsätzliche Vorverdächtigung bzgl. potentiellen Sozialbetrugs“ und die entsprechende Einschaltung des sog. „Ermittlungsdienstes“ gemeint) wurde vermieden.
Die Bewilligung der Erstausstattung für die neu angemiete Wohnung ging binnen sagenhafter 10 Stunden über die Bühne, das ist rekordverdächtig!
Man kennt mich eher nicht als „sprachlos“ 😉 hier bin ich es, noch immer.
Sachbearbeiter und Teamleiter können sich, bar jeder Eitelkeit, auf ihre Fahne schreiben, dass der Betroffenen dank ihnen ein großer Felsbrocken (oh je, diese Metapher hinkt 😉 ) von der geplagten Seele plumpste.
Mich freut in diesem Zusammenhang ganz besonders, dass diese rechtskonforme und doch flexible Vorgehensweise ziemlich eindeutig aussagt:
Nicht alle Mitarbeiter vorverurteilen.
Nicht alle haben ihr Mitgefühl verloren.
Nicht für jeden Mitarbeiter besteht das Offenbacher Klientel nur aus potentiellen „Betrügern, Gestörten, Asozialen, Kanacken und Schwarzköppen“…wenngleich es zu derartigen menschenverachtenden Äußerungen seitens Einiger immer wieder kommt.
Dass es auch bei der MainArbeit noch empathische Mitarbeiter gibt, das gibt mir die Kraft, weiterhin den eingeschlagenen Kurs fortzuführen, der da heißt:
„Stellvertreterkämpfe“ in aller Härte und Verbissenheit, wenn es nicht anders geht.
Aber zunächst werde ich weiterhin jedem Menschen auf der „anderen Seite des Schreibtischs“ auch die Chance einzuräumen, sich als mitfühlender und mitdenkender Mensch einzubringen…das (gebundene) Ermessen gibt dies nämlich noch IMMER her…(Jobcenter)-mensch muss es nur WOLLEN.

Arbeitsvermittlung Team U25

Auch hier lief ein Beratungstermin ( „Langzeit-Klientin“) entgegen aller Ängste der Betroffenen ausnehmend gut. Nicht ohne Grund schrieb ich deshalb das Wort Beratung hier ausnahmsweise einmal nicht in „Gänsefüßchen“. Der Berater mit dem Namen, der dem Pseudonym von Martin Luther äußerst ähnelt 😉 , ist somit ebenfalls positiv zu „bewerten“

Nein, ich habe nicht „die Seiten gewechselt“…

mir hat auch niemand das Gehirn gewaschen 🙂 das werden die kommenden Artikel erneut unter Beweis stellen.
Aber:
Ich bin ein großer Freund der (nicht nur) Skinner’schen Theorie von „positiver Bestärkung“.
Und wenn ich schon geregelt bei den gleichgültigen, unempathischen, „fiesen und miesen“ Mitarbeitern verbal „draufschlage“, wenn ich das Schlechte vor Ort sowohl anprangere als auch dagegen ankämpfe, dann ist es nur recht und billig, die „guten Handlungen“ seitens mancher MainArbeiter nicht einfach unter den Tisch fallen zu lassen.
Das ist ein – für mich –  schlicht folgerichtiges Vorgehen.
Gerechtes Denken und Handeln ist niemals eine Einbahnstrasse!
Denn ebensowenig wie es DEN „Hartzer“ gibt, gibt es auch DEN Mitarbeiter. Gleichmacherei ist meiner Ansicht nach niemals (!) sinnvoll…wenngleich natürlich Eines für mich unverändert gilt:

Es gibt kein richtiges Leben im falschen (Adorno)
Der Artikel in der „Zeit“ vermag diese Aussage ein wenig zu erklären -> http://www.zeit.de/2001/19/200119_ka-philo-.xml

Jeder Mitarbeiter der Jobcenter ist demnach – unabhängig von seinem persönlichen Verhalten – noch immer ein Unterstützer des menschenverachtenden „Hartz-Systems“, denn keine Uhr könnte funktionieren, wenn die kleinen Zahnräder blockieren!

Ob und wann die Zahnräder sich mehrheitlich nicht mehr drehen wollen, weiß ich nicht.
Solange aber dieses „System“ noch Bestand hat, gilt das, was ich einem anderen (eher unschönen) „Beratungs“gespräch erwähnte:

Würde man sich in der MainArbeit (und natürlich auch andernorts) zumindest an die Gesetzgebung und die gefestigte Rechtsprechung halten,
würde das durchaus vorhandene Ermessen zugunsten (!) der Betroffenen ausgeübt,
würde nicht jede „handgestrickte Dienst/Fachanweisung der Marke Lex Schulze-Boeing“ unkritisch abgenickt und umgesetzt, dann hätten sich ca 75% der Mißstände schon erledigt.
Wäre das nicht vorteilhaft, liebe mitlesenden MainArbeiter? Für die Betroffenen, aber auch für Euch und Euer ramponiertes Image?
Vielleicht denkt Ihr mal darüber nach…

 

 

 

 

4 Kommentare zu “MainArbeit Offenbach – „Zwickt’s mi…

  1. Guten Tag Frau Vaudlet,
    habe mal wieder mit grossem Interesse Ihre Ausführungen gelesen. Von meiner
    Seite kann ich dem im grossen und ganzen zustimmen. Bin aber mal sehr ge-
    spannt auf die kommenden Ausführungen zu dem „gewissen Treiben“ im Umgang
    mit von Obdachlosigkeit bedrohten Hilfsbedürftigen.

    Sie kennen dazu bereits meine Grundansicht: hier muss endlich „Ross und Reiter“
    in der Öffentlichkeit benannt werden, damit diese feinen Herrschaften nicht mehr
    am Elend und der Not anderer fette Gewinne machen! Das betrifft sowohl bestimmte
    Wohnungsvermieter verdreckter, überteuererter Bruchbuden, als auch scheinbar
    seriöse Hoteliers, aber auch bestimmter Personen aus dem Umfeld der Stadtver- waltung und der MainArbeit. Letztere konnten sich in der Vergangenheit immer
    wieder durch gemeinsame Mauscheleien aus der Verantwortung und dem Fokus
    der Öffentlichkeit entziehen.

    So lange Mitarbeiter der MainArbeit auf Dienstanweisung des GF bewusst rechts-
    missbräuchlich die Genehmigung von an sich genehmigungsfähigen Wohnungen
    (als Druck- und Strafmittel für „nicht willfähige“ Kunden) manipulieren, so lange
    ist jeder Mauschelei Tür und Tor geöffnet und die Handlung strafbar.
    Gegen eine Mitarbeiterin der MainArbeit, eine Frau Hof…., läuft deswegen aktuell
    ein unfangreiches Verfahren….die Gute hat Wohnungsgenehmigungen vorsätz-
    lich so lange in der Bearbeitung hinausgezögert, bis die Wohnung anderweitig vergeben waren und die Leistungsbezieher „auf Linie gebracht“ oder in die Obdachlosigkeit „gemanagt“ werden konnten.
    Ganz besonders gilt es die krummen Geschäfte einer in die Unterkunftsvermittlung
    eingebundene vermeintlich sozialen Hilfseinrichtigung -und das konkret zu bean-
    standende Verhalten eines Herrn Fr… Nor…- offen zu legen. Auch hier mauscheln
    MainArbeit (speziell ein Mitarbeiter der LA aus dem bäuerlichen Odenwald) gerne mit dem sog. „Sozialarbeiter“.

    Damit komme ich für heute zu einer provokanten Schlussbemerkung: aufgrund
    meiner persönlichen Erfahrungen mit vorsätzlich rechtswidrig handelnden JC-
    Mitarbeitern ist denen eine signifikant höhere kriminelle Energie über ihre wissent-
    lich falschen Be- und Entscheidungen zu attestieren, als den Leistungsbeziehern
    vorsätzlichen Leistungsbetrug im Einzelfall unterstellt werden kann.
    Hatten wir schon mal: nach ´45 waren plötzlich alle wieder „Mitläufer“ und „kleine
    Angestellte die nur ihre Pflicht getan“ haben wollten. Persönliche Verantwortung
    war nie vorhanden!

    • Hallo Herr Doenner,
      das, worauf ich abzielte in Sachen Notunterkunft, ist gar nicht so spektakulär. Am Wochenende schreibe ich darüber…weil es eben eine grundsätzliche Geschichte ist, die aus meiner Laien-Sicht gegen benannte EMRK und das GG verstößt.
      Spannend ist da eigentlich nur die Frage:
      Wo, bei wem forciert man da eine „Überprüfung“?
      Hier überlappen – für mich als Laien derzeit unüberschaubar – mehrere Rechtsgebiete: Das SGB2, das Polizeirecht, das BGB und stehen GG und EMRK irgendwie gegenüber…ich wüsste derzeit keinen „behördlichen Ansprechpartner“ zu benennen…

  2. Hätte die junge Frau, die Du kurzfristig bei Dir aufgenommen hast, keinen Anspruch auf Hilfe, wenn sie verschuldet obdachlos geworden wäre? Es gibt doch noch den §72 BSHG? Oder ist der durch Harz IV außer Kraft gesetzt? Welche Rolle spielt -abgesehen von den Bedingungen des Arbeits -und Wohnungsmarktes etc., etc.- in und außerhalb der Ämter der Glaube, wir hätten uns anders vehalten können, als wir und es getan haben? Vor allem der Andere!

    • Hallo Peter,
      für MICH spielt es keinerlei Rolle, WARUM jemand in einer unglücklichen Situation gelandet ist. Für mich zählt einzig, ob und wie diese Situation schnellstens beendet werden kann.
      Dass ich das „unverschuldet“ betonte, hat andere Hintergründe. Sieh‘ das bitte als einen (leider vermutlich vergeblichen) Versuch an, gewissen (Vor)Ververurteilungen ganz bestimmter Menschen vorzubeugen.
      Zu Deinen Fragen:
      Ja, seit „Hartz4“ hat sich einiges gravierend verändert.
      Der § 72 BSHG existiert (wie das ganze Gesetz) in dieser Form nicht mehr.
      Erwerbsfähige Hilfebdürftige unterliegen hier dem SGB2 mit all seinen schwammigen Regularien.
      Welche Rolle in-und außerhalb der „Ämter“ der „Glaube“ bzgl. „hätte,wäre,wenn-ergo:selbst schuld“ spielt fragst Du (allen Ernstes?)
      Nun, bei sehr, sehr vielen (ich behaupte, der Mehrzahl) Menschen spielt das DIE Rolle schlechthin!
      Das Dogma des „jeder ist seines Glückes Schmied“ bzw. „jeder ist selbst schuld, wenn sein Leben nicht funktioniert“ ist doch längstens in den Köpfen der Mitmenschen verankert! In- und außerhalb von (Pseudo)Behörden!

      Da DIES, euphemistisch als „Eigenverantwortung“ getarnt, ohnehin einer der Grundsätze des SGB2 ist, erstaunt mich Deine Frage enorm. Ist die inhaltliche Kritik zu „Hartz4“ – insbesondere im Kontext zur Schuldfrage – Dir wirklich nie zu Ohren gekommen?
      „Hartz4“ ist nicht nur „zu wenig Geld“!!
      „Hartz4“ IST Schuldzuweisung und daraus erfolgende Demütigung in Reinkultur!!

      Ich lade Dich herzlich ein, mich bei Gesprächen mit Personen zu begleiten, die im Jobcenter stattfinden und bei denen klar ist, dass hier eine grundsätzliche Problematik stattfindet…offenbar hast Du mit der gelebten Realität die letzten zehn Jahre zu wenig Berührungspunkte.
      Anders kann ich mir Deine Frage nicht erklären…

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