Eingliederungsvereinbarung für ein Kind – mein offener Brief an den Vorstand der ProArbeit

Wie bereits hier berichtet, war und bin ich nicht bereit, bei derartigem “Fehlverhalten” seitens der zuständigen Mitarbeiterin tatenlos zu bleiben.

Nachdem leider weder Frontal21, noch Spiegel oder Stern Interesse bekundeten (lag es daran, dass der Betroffene “nur” ein Hauptschüler ist?) zeigte sich heute zumindest die örtliche Presse geneigt, über diesen Fall zu berichten. Allerdings möchte man zunächst die Reaktion auf mein Schreiben an den Vorstand der ProArbeit Dietzenbach abwarten.
Nochmals zum Nachlesen: Eingliederungsvereinbarung für ein Kind

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ProArbeit Dietzenbach

Herrn Berner – Vorstand –

Offener Brief/Vorab per Mail

 

Sehr geehrter Herr Berner,

ich möchte Sie hiermit zunächst formlos auf die – nicht nur aus meiner Sicht – skandalöse Vorgehensweise Ihrer Mitarbeiterin XXX/Team U25 in Kenntniss setzen.
Eine von der Leistungsberechtigten unterzeichnete Dienst-und Fachaufsichtsbeschwerde wird in Bälde ebenso erfolgen wie eine Sachstandsanfrage durch die örtliche Presse.

Betroffen sind Mitglieder der BG XXX, namentlich XXX und XXX (Kd.Nr. der XXX).
Frau X sprach bei mir vor, da sie die (sachlich zu beanstandenden) Leistungsbescheide nicht nachvollziehen konnte.
Im Verlauf des Gespräches berichtete Frau X davon, dass sowohl sie als auch ihr Sohn eine Eingliederungsvereinbarung unterschreiben mussten (!).
Sieht man zunächst einmal von der Tatsache ab, dass der Abschluss einer EinV grundsätzlich nicht unter Kontrahierungszwang steht und bei erwerbsfähigen (!) Leistungsberechtigten auch durch einen Verwaltungsakt vollzogen werden kann, so erstaunt es umso mehr, dass seitens Ihrer Mitarbeiterin auch ein nichterwerbsfähiger Schüler (!) zur Unterschrift aufgefordert wurde.

Die glaubwürdige Schilderung beider Betroffener lässt den Schluss zu, dass die Art und Weise, wie diese im Höchstmaß rechtswidrige EinV zustande kam, den Straftatbestand der Nötigung durchaus erfüllen kann. Dies durch einen Fachanwalt überprüfen zu lassen, obliegt der Erziehungsberechtigten.

Es ist aus hiesiger Sicht ein Skandal und nicht hinnehmbar, dass nunmehr bereits 14jährige Kinder (!) unter Androhung von Entziehung der Existenzgrundlage (euphemistisch: Sanktion von 100%) gezwungen werden, öffentlich-rechtliche Verträge zu unterzeichnen.
Auch der Mutter des X wurde – in geschildert despektierlicher Art und Weise – unter Sanktionsandrohung erklärt, dass ihr Kind den „Mitwirkungspflichten“ unterläge.

Mit Verlaub, Herr Berner, dieses Vorgehen ist entweder als schamlose Dreistigkeit oder – nicht minder schlimm – als absolute Unfähigkeit Ihrer Mitarbeiterin zu werten.
Selbstverständlich wird in Bezug auf diese Art der „Rechtsauslegung“ die Einwendung der Nichtigkeit  nach § 58 Abs. 2 Satz 1 und 3 i.V. mit § 40 Abs. 1 SGB X geltend gemacht.
Dies sollte Sie als Dienstherr jedoch nicht davon entbinden, Ihre Mitarbeiterin für die Zukunft zu stringentem, rechtskonformen Handeln anzuhalten.
Ein derartiger „Lapsus“ hätte in der freien Wirtschaft zumindest eine Abmahnung zur Folge, da bei solch eklatantem Fehlverhalten jeder Arbeitgeber das Ansehen seines Betriebes gefährdet sähe.
Hier aber geht es nicht um wirtschaftliche Aspekte, hier geht es um menschliche Existenzen, in Ihrem Sprachgebrauch „Kunden“ genannt.

Im Sinne der „Kundennähe“ ist zudem eine schriftliche Entschuldigung das Mindeste, was erwartet werden kann. Leistungsberechtigte sind keine Bürger 2ter Klasse, an welchen man sich nach Belieben austoben kann. Insbesondere Kinder sind die vielgepriesene Zukunft resp. die Fachkräfte von morgen. Dies sollte auch Ihren Mitarbeitern einmal eindringlich klar gemacht werden.

Abschließend möchte ich Sie der guten Ordnung halber noch darauf hinweisen, dass dieser offene Brief an Sie im Rahmen meines Hobbies als Bloggerin auch auf meiner Webseite – ohne Identifizierungsmerkmale – veröffentlicht wird.
Ihrer Antwort sehe somit nicht nur ich erwartungsvoll entgegen und verbleibe

Mit freundlichen Grüßen

Ellen Vaudlet